Aus der Veranstaltungsankündigung:
Decolonizing Knowledge. Objekte, Sammlungen und
die Ambivalenz der Aufklärung
Postkoloniale Studien machten in letzter Zeit vermehrt auf den Zusammenhang zwischen Wissensproduktion und kolonialer Machtausübung aufmerksam. Kolonia- lismus kann damit nicht nur als eine soziale, politische oder ökonomische Praxis betrachtet werden, die sich über direkte Herrschaft und Ausbeutung etabliert und aufrechterhält, sondern auch als eine Wissensordnung, die »westliches« Wissen universalisiert und gleichzei- tig »andere« Wissensbestände marginalisiert. Dass mit dem Ende der realen kolonialen Herrschaft keineswegs ein Ende asymmetrischer Wissensordnungen verbun- den ist, bildet ebenfalls eine wichtige Einsicht postko- lonialer Studien.
Die Referentinnen und Referenten der Reihe fragen anhand unterschiedlicher Fallbeispiele zum einen da- nach, welchen Anteil Wissen am europäischen koloni- alen Projekt hatte und wie dieses Wissen zu einem Teil der kolonialen Herrschaftspraxis wurde. Besonderes Interesse gilt der materiellen Kultur der Wissenschaften. Über das Sammeln, Ordnen und öffentliche Inszenie- ren wurden universitäre Sammlungsobjekte zu einem zentralen Instrument, um Wissen über den »Anderen« herzustellen und zu vermitteln.
Zum anderen geht es um das ambivalente Erbe aufgeklärter Wissensparadigmen. Das Versprechen der Auf- klärung nach Partizipation und Emanzipation durch den Gebrauch der Vernunft und die Anwendung kritischen Denkens ging Hand in Hand mit der Suche nach uni- versellen Wahrheiten, die kulturelle Differenzen über- geht und sich weigert, alternative Wissensformen als gleichwertig anzusehen. Wie können die Prinzipien der Aufklärung in heutigen Zusammenhängen produktiv gemacht werden, ohne dabei überkommene Wissens- hierarchien zu reproduzieren?
Plakat_Vortragsreihe_Wissen_Final
Termine
- 14. Mai
Das Zirkulieren von Intimität. Tansanische Initiations- objekte aus der Sammlung des Missionars und Ethnologen Meinulf Küsters und ihre Karriere im 20. Jahrhundert
Richard Hölzl, Göttingen
- 28. Mai
Born to Go Wild? Koloniale Forschungsreisen im langen 19. Jahrhundert
Rebekka Habermas, Göttingen
- 4. Juni
Ton, Steine, Scherben – Synchronisierte Objekt- geschichten jenseits institutioneller Ordnung
Regina Sarreiter, Berlin
- 5. Juni
Hörsaal PH 20, Humboldtallee 19/21, Dienstag, 18.00 Uhr
Curating Socialist Environments: (Post)colonial Histories, Ethnographic Exhibitions and Public Art Interventions
Zusammen mit dem Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Geschichte, Göttingen
Philipp Schorch, München
- 11. Juni
Auditorium, Weender Landstraße 2, Seminarraum EG
Zum Othering in der kritischen Philosophie Kants
Karin Hostettler, Basel
- 18. Juni
Die Sozialwissenschaften dekolonisieren: mit dem anstatt über den Süden denken
Sebastian Garbe, Gießen
- 2. Juli
Eine Weichenstellung von irritierender Nachhaltigkeit.
Zur Entstehung der deutschsprachigen ästhetischen Theorie im globalen und kolonialen Kontext des 18. Jahrhunderts
Ruth Sonderegger, Wien
- 9. Juli
Rescuing the Enlightenment from the Europeans
Nikita Dhawan, Innsbruck