Theodor Wonja Michael

Als Zeitzeuge des Nationalsozialismus ist das Leben von Theodor Michael besonders bedeutend für die Schwarze Geschichte Deutschlands. Zusammen mit weiteren Angehörigen seiner Generation steht er für die Verbindung der kleinen Schwarzen und afrikanischen community, die um die Kolonialzeit herum bis zum Ender der Weimarer Republik bestand, mit der jüngeren Generation Schwarzer Menschen, die vor allem seit der Veröffentlichung von Farbe bekennen, sowie die Gründung von ADEFRA und ISD sichtbarer geworden ist. Michael schaffte es gegen alle Widersprüche von kolonialen Völkerschauen ins Theater, zu Film und Fernsehen, obwohl ihm noch lange nach dem zweiten Weltkrieg immer wieder die gleichen Blicke und Sprüche begegneten, die er schon seit seiner Kindheit im Berlin der Weimarer Republik kannte.

Theodor Michael wurde 1925 als Kind des Kameruners Theophilus Wonja Michael geboren, zu dessen Vorfahren auch Bona N’golo Mbimbi a M’bele zählt, der als Namensgeber und Herrscher von Bimbialand. Michaels Großvater gehörte zu denjenigen, die einen der Schutzverträge mit dem deutschen Reich unterzeichneten. Sein Vater befand sich spätestens ab 1903 in Deutschland, arbeitete unter anderem am Bau der Berliner U-Bahn mit und ab den zwanziger Jahren als Komparse beim Film – eine der immer seltener werdenden Möglichkeiten zum Gelderwerb für afrikanische Menschen in Deutschland, aber auch ein Karriereweg, der sich für seinen Sohn als prägend herausstellen sollte.

In der Nachkriegszeit schafft es Michael schließlich, durch ein Stipendium der damaligen Stiftung Mitbestimmung eine Ausbildung an der Akademie in Hamburg zu beginnen, wo er Volkswirtschaft studiert. Zwar hatte er schon als Kind immer gelesen, doch nun setzt er sich zielgerichtet mit den wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen Afrikas auseinander. Anschließend verbringt er noch ein weiteres Jahr in Paris und lernt die panafrikanischen Zeitschriften Presence Africaine und Jeune Afrique kennen. Mit Interesse beobachtete er, wie die ehemaligen Kolonien in Afrika komplett unvorbereitet, ohne ausreichend ausgebildete afrikanische Beamte und mit fehlender Infrastruktur in ihre Unabhängigkeit entlassen wurden. Nach diesem Jahr kehrt er voller neuer Ideen und Pläne zu seiner Familie, von der er sich inzwischen sehr entfremdet hatte, zurück. Seine Frau und er entschließen sich jedoch, alles für die Familie zu geben, da eine Trennung für ihre Schwarzen Kinder unzumutbar wäre. Da seine Expertise zu afrikanischen Angelegenheiten schnell bekannt wurde, bekam er bald eine Position als Redakteur des Afrika-Bulletin angeboten, in dessen Redaktion er half, ein immer größeres Netzwerk zu den afrikanischen Botschaften in Bonn aufzubauen. Obwohl das Bulletin nach einiger Zeit wegen ausbleibender Förderung eingestellt werden musste, leisteten Michael und seine Redaktion damit einen wichtigen Beitrag zu einer informierten Berichterstattung über den afrikanischen Kontinent, die auch heute oft noch durch die Reproduktion von stereotypen Darstellungen und Rassismen geprägt ist.

Nach Ende dieser Zeit dauerte es nicht lange, bis er, als mittlerweile ausgewiesener Afrika-Experte vom BND angeworben wurde. Über seine Arbeit dort verlor Michael bis zu seinem Tod kein Wort in der Öffentlichkeit. Nur, dass ihm dort, wie in anderen alltäglichen und beruflichen Situationen, immer wieder die gleiche Art von Rassismus begegnete. In seiner ersten internen Dienstbeurteilung ließ er denn auch richtigstellen, dass nicht er anfänglich Probleme mit einigen Kollegen gehabt habe, sondern diese vielmehr mit ihm. Bei seiner Arbeit für den BND wurde er zum einen von der Hoffnung geleitet, mit seinem persönlichen Einsatz das Bild Schwarzer Menschen in der Öffentlichkeit zu verbessern, zum anderen von seinem ganz eigenen Sinn für Recht und Gerechtigkeit. Denn auch wenn er weiterhin rassistische Erfahrungen machte, war nach den Erfahrungen von Weimarer Republik und Nationalsozialismus die Bundesrepublik für ihn grundsätzlich ein Rechtsstaat, den er schützen wollte.

von Kofi Shakur